Auszeit – Warum Langeweile glücklich macht
Meine Auszeit beginnt auf Mallorca: Als ich die Augen öffne, liege ich in weichen Kissen eingekuschelt in meinem großen Himmelbett. Das gegenüber liegende Fenster ist weit geöffnet und verwöhnt mich mit einem herrlichen Ausblick über sanfte Hügel. Aus der Ferne höre ich die Glocken einer Schafsherde.
Ich atme tief durch, strecke mich genüsslich und weiß, ich bin angekommen. Endlich. Die frische Frühlingsluft weht leicht durch mein Zimmer. Jetzt freue ich mich auf ein köstliches Frühstück. Hausgemachte Marmelade, frischen Kaffee, dazu Pa‘ am boli, eine typisch mallorquinische Brotspezialität. Das Leben ist schön, denke ich.
Alles dreht sich um Nichts
In den nächsten drei Tagen dreht sich alles um Nichts. Niemand wird mich stören. Ich bin offline und nicht zu erreichen. So finde ich endlich die Ruhe, die ich mir wünsche. Für diese Auszeit habe ich mir selbst ein Rezept ausgestellt und zwar mindestens einmal im Jahr.
Am Liebsten schlendere ich in diesen Tagen entlang den schmalen Gassen des kleinen Bergdorfes Caimari. Ich liebe es, diese Menschen zu treffen, die schon seit ihrer Geburt hier wohnen. Unvorstellbar, denke ich. Ich setze mich auf die Steinbank des Placa Major, wo das Dorfleben stattfindet. Einfach nur hier sitzen. Die Menschen beobachten, durchatmen und Nichtstun.
Es ist ein warmer Sommertag. Ich überlege mir, auf was ich heute Lust habe und entscheide mich für eine Reitstunde bei meiner Freundin Conny. Sie hat eine Finca im nächsten Dorf und gibt Reitunterricht. Ich habe Glück. Sie hat heute nicht viel zu tun und lädt mich spontan zu einem gemeinsamen Abendausritt am Strand ein. Wow, denke ich. Das wollte ich schon immer mal.
Bevor es soweit ist, mache ich es mir noch ein bisschen gemütlich. In unserer Chill-Ecke auf der Terrasse verordne ich mir eine kleine Beauty-Session. Avocado Maske, Nägel lackieren, Fußbad mit Zitrone. Dabei einen kühlen Aperol-Spritz und ruhige Chill-Musik. Pura vida.
Später, nach unserem Ausritt, lassen Conny und ich den Abend auf ihrer Finca ausklingen. Sie lebt alleine auf der Insel und arbeitet hart. Trotzdem strahlt sie eine unglaubliche Gelassenheit auf mich aus. Ja, sie hat Existenzängste, sagt sie mir. Aber das unglaubliche Gefühl der Freiheit ist unübertreffbar.
Seien Sie nicht länger ein Hamster
Die vier Tage gehen schnell vorbei. Und dass, obwohl ich nichts gemacht habe. Habe ich wirklich nichts gemacht? Mir fällt auf, dass ich sogar eine ganze Menge getan habe. Nämlich nur für mich. Mein persönliches „Langeweile-Programm“ sozusagen. Entspannt mit neuer Energie freue ich mich auf Zuhause.
Ich sitze im Flieger und warte bis alle Passagiere an Board sind. Hektik verbreitet sich, als eine Dame mit ihrem Handgepäck den Durchgang versperrt. Ein Baby schreit auf dem Arm ihrer Mutter. Genervt versucht sie zu reagieren. „Können Sie endlich mal den Durchgang frei machen?“ brüllt ein Mann ungeduldig.
Während des Fluges erzählt mir meine Sitznachbarin von ihrem zweiwöchigen Urlaub mit ihrer Familie. Und dass sie jetzt erst einmal Ruhe braucht, wenn sie zu hause ist. Sie seufzt. Sie sieht müde und abgespannt aus. Gerne hätte ich sie aus ihrem Hamsterkäfig befreit.
Ich blicke aus dem Fenster, beobachte die Wolken, die wie kleine Wattebäuche aussehen. „Es wird Zeit für die Planung meiner nächsten Auszeit“, denke ich und hole meinen Kalender heraus.
Langeweile macht glücklich
Auszeiten sind wichtig. Wer sich ab und zu Ruhezeiten gönnt, steigert seine Kreativität und Energie. Probleme werden wieder lösbar weil der Geist wieder die Möglichkeit zum Wandern hat, sagen Neuropsychologen.
Britische Forscher haben nämlich herausgefunden, dass Langeweile gesund und glücklich macht. „Was es nicht alles gibt“ werden Sie jetzt vielleicht sagen. Ja, tatsächlich. Phasen der Langeweile machen wieder kreativ und produktiv.
Als Eltern haben wir immer Angst davor, unseren Kindern könnte es langweilig werden. Das Nichtstun ist negativ besetzt. Das haben viele von uns in ihrer Kindheit so gelernt. Mein Vater sagte immer: „Wer nichts tut, ist ein Faulenzer.“ Als habe ich immer ganz fleißig „etwas getan“.
Dass dies nicht stimmt, bewiesen die Forscher in einem Versuch mit 40 Probanden. Die eine Gruppe bekam eine eintönige Aufgabe, die andere Gruppe blieb davon verschont. In einem anschließenden Kreativitätstest, der mehrmals wiederholt wurde, schnitt immer die Gruppe besser ab, die vorher ihre Seele baumeln lassen durfte.
Das Ergebnis: Der Ideenreichtum der „Hamster, die gestresst und pausenlos im Rad rennen und keine Ruhe finden“, sind deaktiviert. Denn die Region, in dem der Ideenreichtum sitzt, wird erst aktiv, wenn sich das Hirn in einer Ruhephase oder Leerlauf befindet.
Gönnen Sie sich eine Auszeit mit viel Langeweile
Aus meiner Beratungspraxis weiß ich, wie schwer es vielen Menschen fällt, Langeweile zu haben. Sie berichten mir ganz stolz: „Mir ist nie langweilig, ich habe immer etwas zu tun.“ Ihr Problem ist, das „aktive“ Nichtstun aushalten zu können.
Durchatmen, Abhängen, Nichtstun: Alles Dinge, für die heutzutage kaum noch Platz ist. Überall wo ich hinschaue triumphiert das Handy. Jeder Versuch eines Gesprächs wird von einem Klingelton abgewürgt. Nicht mehr „face to face“ sondern „ear to ear“ ist die Devise.
Gerade in der heutigen Zeit der ständigen Reizüberflutung sollten wir unserem Geist regelmäßig Ruhezeiten gönnen damit wir gesund bleiben. Eine Auszeit für’s Nichtstun sollte deshalb unbedingt auf unserem Terminkalender stehen.
Einfach auf einer Parkbank sitzen und ohne Ablenkung andere Menschen beobachten. Alleine einen Spaziergang unternehmen, dabei Blumen pflücken oder dem Gezwitscher der Vögel zuhören. Irgendetwas machen, was sinnlos erscheint.
Erste Schritte zur Auszeit
Bevor Sie mit einer Auszeit beginnen, können Sie das Langweilen zuhause üben. Das ist gar nicht schwer. Denn wir alle kennen dieses Gefühl noch aus unserer Kindheit. Daraus machen wir gleich unsere erste Übung. Der wichtigste und erste Schritt: Tragen Sie einen festen Termin mit „Langeweile“ in Ihren Kalender.
Wenn es soweit ist, legen oder setzen Sie sich gemütlich hin, schließen Ihre Augen und denken an Ihre Kindheit. Was hat Sie damals furchtbar gelangweilt? Ich habe mich sofort erinnert, wie schrecklich langweilig die Sonntage waren, an denen nichts im Fernsehen lief. Ich habe dann unzählige Blümchen gemalt und einfach nichts getan.
Probieren Sie es aus. Im ersten Moment ist es ein bisschen ungewohnt. Wenn Sie aber dran bleiben, merken Sie, wie gut es tut.
Wenn Sie Lust haben, schreiben Sie mir was Sie so richtig langweilt. Ich freue mich auf Sie.
Sie planen vielleicht im nächsten Jahr eine Auszeit? Dann besuchen Sie mich auf meiner „Mallorca„-Seite. Oder tragen Sie Sich in meinen Newsletter ein. Sie erhalten dann regelmäßige Informationen über meine aktuellen Angebote.
„Gelangweilte“ Grüße
Ihre Birgit Natale-Weber
[mc4wp_form]