Partnerschaft: Das Schweigen der Männer
Das Wichtigste vorweg: Männer sind KEINE Schweine! Wenn Männer nichts sagen, dann wollen sie damit auch meistens nichts sagen! Sie sind weder beleidigt, noch wollen sie uns Frauen bestrafen. Sie haben einfach nichts zu sagen und fühlen sich trotzdem wohl. Woher ich das weiß? Ich habe mehrere Männer – unter anderem auch meinen – über ihr Schweigen befragt.
Was in der Partnerschaft bisher geschah:
Neulich beim Abendessen irgendwann zwischen Spaghetti und Tiramisu muss es passiert sein. Sie, nennen wir sie Heike, unterhielt sich angeregt mit ihren Freunden über die nächste Urlaubsreise. Als Heike ganz nervös zu ihrem Mann Bernd herüber blickte, wusste er sofort, was los war. Sie hasste seinen gelangweilten Blick.
Einige Stunden später und zwischenzeitlich in trauter Zweisamkeit ging das Drama los. Vorwürfe schmetterten ihm wie dicke Hagelkörner entgegen, doch sagen konnte er nichts. Was auch? Erstens ließ Heike ihn nicht zu Wort kommen und zweitens gab es nichts zu sagen.
Und eines wusste Bernd genau: Selbst wenn er jetzt aus gutem Willen irgendetwas sagen würde, um sie sanfter zu stimmen, würde dieser Versuch kläglich scheitern. Dann doch lieber schweigen, um bloß nichts falsch zu machen.
„Schatz, wie war Dein Tag?“
Was ist mit den Männern los, dass sie nicht reden wollen? Womit nicht das Essen bestellen oder exakte Anweisungen geben oder ähnliches gemeint ist. Das ist kein Problem. Einfach mal auf der Couch zu liegen oder spazieren zu gehen, ohne dabei etwas sagen zu müssen. Auch das ist in der Partnerschaft nicht das Problem, denn jeder von uns braucht seinen Rückzugsort.
Wortlosigkeit überfällt die Männer immer dann, wenn es um Beziehungsfragen geht. Um echte Gefühle. Da herrscht oft großes Schweigen. Wenn sie ihn fragt, warum er sich nicht nach ihrem Tag erkundigt oder sich beschwert, dass er für sie abends nie Zeit hat. Er ist einfach nur müde nach einem langen Arbeitstag. Mehr nicht.
Wussten Sie, dass Männer es anstrengt, wenn sie sich für ihr Schweigen rechtfertigen sollen. Denn sie haben das Reden als Kind nicht gelernt. Die meisten unserer Väter haben es vorgemacht. Wortlos kamen sie nach der Arbeit nachhause. Über das Erlebte am Tag sprachen sie nicht. Der Mann lernt also schnell, schwierige oder unangenehme Angelegenheiten mit sich selbst auszumachen. Sie wollen die Partnerschaft und Familie nicht unnötig belasten.
Scheuen Männer die Konfrontation?
Nein. Im Berufsleben vertreten Männer durchaus ihren Standpunkt und weichen keinen Konflikten aus. Im Job geht es um reine Sachfragen. Im privaten Bereich allerdings geht es um Gefühle. Ein Terrain, auf dem die Männer Angst haben, die Kontrolle zu verlieren.
Und wir Frauen machen es den Männern auch nicht leicht. Typisches Frauenverhalten, die Männer besonders nerven, sind zum Beispiel: Nachfragen, Insistieren und ganz besonders das Ausgraben alter Kamellen, die die Männer längst vergessen haben.
Welches Kleid soll ich anziehen?
Wer kennt nicht diese Frage. Sie ist gefürchtet bei jedem Mann, denn er weiß: Egal was er jetzt antwortet, es wird falsch sein. Aus Angst vor der Reaktion schweigen deshalb viele Männer. Was kann „Mann“ also tun, damit diese Situation nicht eskaliert?
Die Herausforderung in einer Partnerschaft ist, dass das Schweigen für uns Frauen Interessenlosigkeit bedeutet. Wenn die Frau keine Antwort auf ihre – für sie – sehr wichtige Frage erhält, glaubt sie, der Mann liebt sie nicht mehr. Sagt der Mann etwas, glaubt sie, sie gefällt ihm nicht mehr. Willkommen im Hamsterrad.
Viele Jahre bin auch ich im Hamsterrad umhergeirrt. Mittlerweile habe ich gelernt, zwischen meinem und dem Geschmack meines Mannes zu unterscheiden. Er sagt mir, was ihm gefällt. Ich schaue, wie meine Tendenz ist und entscheide dann. Ganz relaxed und ohne Stress. Und das Schöne daran: Obwohl ich selbst entscheide, hat er nicht aufgehört, mich zu lieben.
Steckt das Männerbild in der Krise?
Mittlerweile gibt es unglaublich viele Männerbücher. Beim Lesen entsteht der Eindruck, als würden sie nie das richtige Maß treffen. Softies reden zu viel, Machos nur Blödsinn. Steckt das Männerbild also in der Krise? Müssen Männer wirklich lernen, mehr zu reden?
„Nein“, glaube ich. Vielmehr ist es wichtig, herauszufinden, wann Schweigen ok ist und wann nicht. Denn Männer haben durchaus viel zu sagen – wenn sie wollen und wenn wir Frauen sie dann auch zu Wort kommen und ausreden lassen. Fühlen sie sich unter Druck gesetzt, verfallen sie zum Selbstschutz wieder ins große Schweigen.
Doch Achtung: Nicht alle Probleme sollten bis zum bitteren Ende ausdiskutiert werden. Wer wie oft die Toilettenrollen wechselt, den Müllereimer rausbringt oder wie fachmännisch eine Zahnpasta-Tube ausgedrückt werden muss, sind zumutbare Herausforderungen einer Partnerschaft.
Couchgespräche, denn Übung macht den Meister
Offene Kommunikation ist nicht die Stärke des Mannes. So wie der Vater damals, machen sie ihre Probleme lieber bei einem Fläschchen Bier mit sich selbst aus. Es fällt ihnen sehr schwer, die Probleme auf der Couch oder im Beratungszimmer direkt anzusprechen. Wohler fühlen sie sich bei Kumpels an der Bar oder am Lagerfeuer.
Wem seine Beziehung am Herzen liegt, kann das Reden trainieren. Allerdings ist Regelmäßigkeit und Ernsthaftigkeit gefragt. Ich empfehle meinen Paaren, sich alle zwei Wochen einen festen Termin im Kalender einzutragen und sich zum Reden auf der Couch in gemütlicher Atmosphäre zu treffen.
Jeder erzählt dann zehn Minuten nur von sich und seinen Erlebnissen der vergangenen zwei Wochen. Wichtig dabei ist, dass aus der eigenen Sichtweise gesprochen wird. Der Andere darf nicht unterbrechen. Spitzt sich die Situation zu und dicke Luft kommt auf, sollte das Treffen beendet werden bevor Töpfe durch die Küche fliegen.
Probieren Sie es aus und schreiben Sie mir, ob und wie es funktioniert hat. Ich freue mich auf Ihr Feedback.
Herzliche Grüße und weiterhin viel Spaß in Ihrer Partnerschaft
Ihre Birgit Natale-Weber
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